Timur Vermes

Timur Vermes / Jörg Koch

„Es kann zu einer Abneigung gegen öffentliche Verkehrsmittel kommen. Sollte diese länger als 14 Tage anhalten, suchen Sie bitte Ihren Arzt auf."

Timur Vermes

In Ihrem neuen Roman »U« arbeiten Sie vor allem mit Gedankenschnipseln, Auslassungen, lautmalerischen Elementen und knappen Dialogen. Warum haben Sie diese äußere Form des Erzählens gewählt?

Timur Vermes: Sie schien mir am besten geeignet, um die Leser näher an diese seltsame, bizarre Nacht heranzuführen. Also erleben wir die Geschichte direkt aus dem Kopf der Hauptfigur. Im Dialog merkt man keinen Unterschied. Aber dazwischen klingt es eben so, wie man denkt. Niemand denkt in ganzen Sätzen. Niemand denkt: „Ich möchte jetzt einen Kaffee“, sondern – ja, was? Wir denken in Impulsen, Wünschen, Bildern, an den Geschmack von Kaffee, vielleicht nur das Bild einer Tasse oder der Sehnsucht, den warmen Becher in den Händen zu halten.

Timur Vermes / Jörg Koch

Sie begrenzen sich auf ein einziges Setting – die U-Bahn. Wieso gerade dieses?

Timur Vermes: Weil ich Bücher und Filme mag, die aus wenig viel machen. »Nicht auflegen« – ein Thriller, der darin besteht, dass ein Mann eine Telefonzelle nicht verlassen darf. »Blair Witch Project« – supergruselig, aber im Grunde nur Dunkelheit. »Der Geschmack von Chlor« – ein Junge im Hallenbad.

Das, was die Figuren während ihrer nächtlichen U-Bahn-Fahrt erleben, ist von Unvorhersehbarkeit sowie absurden, surrealen und wahnsinnigen Ereignissen geprägt. Was steckt dahinter?

Timur Vermes: Meine eigene Sehnsucht nach solchen Geschichten. Ja, es gibt viele Geschichten über Zombies, Vampire, irgendwelche Flüche – aber letztlich sind die doch alle beruhigend beherrschbar, oder? Der Zombie kriegt eine Axt in den Kopf, Vampire schubst man in die Sonne, Häuser baut man nicht auf Indianerfriedhöfen, alles klar, was gibt’s zum Abendessen? Ende der 70er gab es im ZDF eine Filmreihe mit einem eigenen Vorspann, »Der phantastische Film«. Ich wollte eine Geschichte, die so kalt, unbehaglich und verstörend ist wie ich als Kind diesen Vorspann empfunden habe – und die Filme, die danach präsentiert wurden.

U
Timur Vermes
Gelesen von Eva Meckbach

Ein neuer Geniestreich des Bestsellerautors von »Er ist wieder da«

Nur noch fünf U-Bahn-Stationen trennen die junge Lektorin Anke Lohm von einer Dusche und dem frisch bezogenen Bett im Gästezimmer ihrer besten Freundin. Zwar nervt sie nach einer Bahnreise mit allen Komplikationen der einzige andere Fahrgast im leeren Zug, aber beim nächsten Halt will der junge Mann aussteigen, und dann ist endlich, endlich Ruhe. Sollte diese nächste Station nicht eigentlich längst da sein? Als aus zwei Minuten fünf werden, dann zehn, zwanzig, in denen die Bahn ungebremst durch die endlose Dunkelheit schießt, ahnt Anke Lohm, dass dies mehr sein könnte als nur eine U-Bahn-Fahrt: der größte Fehler ihres Lebens.

Suggestiv erzählt, überraschend: Timur Vermes erweist sich als Virtuose literarischer Spannung.

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15,00 €