Je länger ich koche, desto mehr verblüfft mich diese Verwandtschaft von Kulinarik und Literatur: Man kann auch den Teller lesen!

Denis Scheck

Mit seinem Kanon der Weltliteratur ist Denis Scheck schnell in die Bestsellerlisten eingestiegen und hat zahlreiche Menschen fürs Lesen begeistert. Nun lädt der Literaturkritiker, Autor, Übersetzer, Herausgeber und Moderator in seinem eigens eingesprochenen Hörbuch »Schecks kulinarischer Kompass. Köstliches und Kurioses aus meiner Küche und aller Welt« in seine Küche ein und erzählt in kulinarischen Anekdoten von seiner zweiten großen Leidenschaft: dem Kochen.

Im Interview gibt er Einblicke in seine kulinarischen Erlebnisse und stellt außerdem sein Lieblingsrezept vor.

Wir wünschen viel Spaß beim Nachkochen.

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Was war Ihr bisher verrücktestes kulinarisches Erlebnis?

Denis Scheck: Ich habe bei einem arabischen Potentaten einmal wie im Märchen von goldenen Tellern gespeist und durfte einige unglaubliche Erlebnisse mit befreundeten Sterneköchinnen und -köchen und Autorinnen und Autoren teilen. Am stärksten in Erinnerung geblieben ist mir aber eine Reise nach China vor zwanzig Jahren. Nach einer überaus kurzweiligen Fahrt mit Katja Lange-Müller, Thomas Brussig und Burkhard Spinnen auf einer Sommerrodelbahn an der Großen Mauer – wirklich ein großer Jux, zudem sogar ein deutsches Fabrikat –, sahen wir eine Gruppe Frauen mit großen Weidenkörben am Arm einen Forellenhof ansteuern. Wir erkundigten uns nach dem Inhalt der Körbe und erfuhren, es handele sich um frisch gesammelte Wildkräuter. Die Restaurantküche zauberte aus den schlachtfrischen Forellen und den im Wok frittierten duftenden Wildkräutern binnen Minuten eine unvergessliche Mahlzeit, deren Aromenvielfalt mich bis heute zum Träumen anregt. Katja Lange-Müller, selbst eine exquisite Köchin, und ich waren uns einig: Die Küchen Chinas haben einfach ein paar tausend Jahre längere Evolutionen hinter sich, und das schmeckt man.

Was erwartet die Hörer*innen in Ihrem Hörbuch?

Denis Scheck: Ein Streifzug durch Himmel und Hölle unseres kulinarischen Erlebens. Die älteste Geschichte der Welt wird jeden Tag milliardenfach auf diesem Planeten neu erzählt. Es ist die Geschichte einer magischen Verwandlung: die vom Rohen zum Gekochten. Je länger ich koche, desto mehr verblüfft mich diese Verwandtschaft von Kulinarik und Literatur: Man kann auch den Teller lesen! Beim Essen und Trinken verfügen wir alle aber anders als bei Hölderlin und Jane Austen ausnahmslos über Expertenwissen, was schlicht daran liegt, dass Männer und Frauen in Mitteleuropa mit Mitte 40 an die 50.000 Mahlzeiten zu sich genommen haben.

Denis Schecks Lieblingsrezept

Frittierte Zucchiniblüten

Zutaten:

  • 12 kleine Zucchini mit Blüte
  • 500 g Ricotta
  • Zitronenzesten von einer Biozitrone
  • 50 g Pinienkerne
  • Piment d’Espelette
  • Salz
  • Schwarzer Pfeffer
  • Olivenöl zum Frittieren

Ideal ist es, wenn es Ihnen gelingt, weibliche Zucchiniblüten mit kleinen Früchten aufzutreiben. Die Früchte vorsichtig zweimal längs einschneiden, damit sie in der Pfanne gleichmäßig Hitze annehmen. Stempel aus den Blüten entfernen. Pinienkerne in einer Pfanne anrösten und klein hacken. Ricotta mit den Zitronenzesten und den Pinienkernen vermengen und kräftig salzen und pfeffern. Die Blüten mit dem gewürzten Ricotta füllen und in einer Pfanne mit Olivenöl bei mittlerer Temperatur zwei Minuten frittieren. Auf Küchenpapier abtropfen lassen. Je zwei Blüten auf einem kleinen Teller großzügig rundum mit Piment d’Espelette bestreuen und lauwarm servieren.

 

 

Denis Scheck, geboren 1964 in Stuttgart, lebt heute in Köln. Als literarischer Übersetzer und Herausgeber engagierte er sich für Autoren wie Michael Chabon, William Gaddis und David Foster Wallace, Antje Strubel und Judith Schalansky. Lange arbeitete er als Literaturkritiker im Radio, heute ist er Moderator der Fernsehsendungen »Lesenswert« im SWR und »Druckfrisch« in der ARD.