
„Sie hat mit aller Verzweiflung, Lust und Freude geliebt, gekämpft und gefeiert“
Schauspielerin Anne Ratte-Polle hat »Leben ist ein Fest« von Claire Berest als Hörbuch eingelesen. Die Faszination an der Ausnahmekünstlerin Frida Kahlo ist auch über ein halbes Jahrhundert nach ihrem letzten Pinselstrich ungebrochen. Im Interview erzählt uns die Sprecherin, warum das so ist und was dieses Hörbuch so besonders macht.
In dieser Romanbiografie sind die einzelnen Kapitel nach Farben unterteilt. Saphirblau, Karmesinrot, Buttergelb. Auch der französische Originaltitel des Buches sagt „nichts ist schwarz“. Was, denken Sie, wollte die Autorin damit über die Malerin ausdrücken?
Anne Ratte-Polle: Der Roman ist abgeleitet von Frida Kahlos gemalten Tagebuch, in dem sie in poetischer Form Farben in ihrer Wirkung und Kraft beschreibt. Mir gefällt dieser Zugriff der Autorin auf Frida Kahlos Gedanken- und Gefühlswelt sehr, da sie als Malerin natürlich in Farben denkt, um ihr Innenleben und ihre Sicht auf die Welt zu verarbeiten, zu ordnen und zum Ausdruck zu bringen.
Ihren Ausdruck ,Nichts ist schwarz‘ mag ich besonders gerne, da die Farbe Schwarz die Abwesenheit von Licht bedeutet.
Frida Kahlo hat ein sehr bewegtes Leben gehabt, hat sehr viel Glück und sehr viel Unglück erfahren. Ihre Gabe, Leid in eine positive und produktive Kraft umzuwandeln, entspricht diesem Ausdruck, ,Nichts ist schwarz‘.
Ohne jeden Kitsch bringt der Roman dem Leser oder Hörer nahe, wie sehr sich Frida Kahlo dem Leben in jeder Situation hingegeben und ausgeliefert hat,- wie sehr sie mit aller Verzweiflung, Lust und Freude geliebt, gekämpft und gefeiert hat.
Wir begleiten die Künstlerin auf ihrem Weg von Mexiko, in die USA und nach Paris. Inwieweit ist dieses Hörbuch auch ein Portrait der Zeit, in der Frida Kahlo gelebt hat?
Anne Ratte-Polle: Das Hörbuch ist ein Portrait ihrer Zeit, da es einen besonderen Einblick in die politischen Unruhen dieser Zeit, dem Kampf des Kommunismus gegen den aufkommenden Faschismus gewährt. Man erhält einen Einblick in die Arbeit und Kunstauffassung der kommunistisch geprägten Muralisten in Südamerika, sowie in das Leben der surrealistischen Kunstszene in Paris und New York. Ihr Blick auf diese Szene, in der natürlich der männliche Künstler die absolute Vormachtstellung gegenüber der weiblichen Künstlerin innehatte, ist besonders unterhaltsam.
Was macht dieses Hörbuch, die Art, wie die Geschichte der Malerin erzählt wird, so besonders?
Anne Ratte-Polle: Dieser Roman ist hauptsächlich eine Liebesgeschichte an das Leben, aber auch an ihren Mann Diego Rivera. Aus heutiger Sicht fragt man sich des öfteren, welche Frau würde heutzutage so ein machohaftes Verhalten, wie das von Rivera noch mitmachen. Gleichzeitig zeigt es eine Frau, die sich zu dieser Liebe mit aller Bewusstheit entschlossen hat, die sich zu dieser Liebe entschlossen hat, diesen Mann haben wollte.
Eine Frau, die es nicht immer nur genossen hat, aber für sich in Anspruch genommen hat, dieselbe Freizügigkeit zu leben wie ihr Mann, auch wenn sie es, im Gegensatz zu ihm, heimlich machen musste. Beide haben ihre politische Haltung immer wieder mit sehr viel Rückgrat zum Ausdruck gebracht, in ihren Werken und sehr provokant mit viel Humor auf elitären Abendessen, Ausstellungen und Veranstaltungen.
Fridas letztes Bild sind Wassermelonen und es heißt: Viva la vida. Lebe das Leben. Diego Rivera ist drei Jahre später gestorben, auch sein letztes Bild sind Wassermelonen.