03.01.2004
Es sind immer die gleichen Bücher, nach denen wir greifen. Bücher, die von Liebe erzählen und dem, was man gemeinhin «Betrug» nennt, ist er doch meist nichts anderes als ein verzweifelter Schlussakkord einer Beziehung. Und als gebe es nicht genug von jenen Romanen, die um Vergänglichkeit und Verfall einer Liebe kreisen, so tauchen aus dem Goldbad der Literaturgeschichte Meisterstücke wie Sándor Márais <i>Wandlungen einer Ehe</i> in unser Bewusstsein.
Auch das Hörbuch ist ein Glücksfall: Das Scheitern einer Ehe ist aus drei Perspektiven, in drei langen Monologen geschrieben. Das Medium bietet sich vortrefflich für eine Lesung dreier Schauspieler an. Ist es doch gescheite und beredte Alltagssprache, die ihre volle Wirkung im Ohr entfalten kann.
Zuerst ist da die Ehefrau, die das Fremdgehen ihres Mannes bemerkt und vergeblich um die Liebe ihres Lebens kämpft, um zu erkennen, dass es den «Richtigen» nicht gibt. Marlen Diekhoff tut dies mit feiner, verletzter Stimme. Und man hat den Eindruck, sie lese den Text nicht in irgendeinem Tonstudio vom Blatt ab, sondern sitze ganz nah bei uns und erzähle uns ihre Version. Dann erklärt uns Charles Brauer als Ehemann Péter, warum auch seine Ehe und später die Beziehung zu seinem Dienstmädchen Judit scheitern musste. Ruhig, gewissenhaft, mit wohltönender, klangvoller Stimme und mit einer Dominanz, die er als Tatort-Ermittler an der Seite Manfred Krugs oft vermissen ließ. Nach mehr als zehn Stunden endlich die Einsicht, die wir auch bei Márai bestätigt finden: «Man sehnt sich nach Liebe, aber es hilft einem niemand nie. Wenn man das begriffen hat, wird man stark und einsam.»
Mit Judits Solo endet der dreistimmige Roman. In einem Hotelbett, irgendwo in Rom, offenbart sich Judit einem Schlagzeuger. Vier Stunden Katja Riemann liegen vor uns. Wir fiebern gespannt dem Ende entgegen und ahnen, dass auch Judit eine andere Sicht der Dinge hat. Drei Wahrheiten, eine Geschichte über den Niedergang des Bürgertums liebster Institution: der Ehe.
Philipp Haibach