Interview

Juliane Stadler

05.10.2023

„Das Mittelalter hat eine nie endende Faszination auf uns“

»Krone des Himmels« von Autorin und Archäologin Juliane Stadler ist der historische Roman des Jahres. Im von Tobias Kluckert packend gelesenen Hörbuch erweckt sie das üppige Panorama des Mittelalters, epische Schlachten und den Zauber hingebungsvoller Liebe für uns zum Leben. Akribisch recherchiert und mitreißend erzählt, nimmt uns ihr Hörerlebnis mit in eine längst vergangene Welt, die bis heute die Menschen fasziniert und in ihren Bann zieht. Im Interview mit Hörbuch Hamburg sprach die Autorin über die Entstehung dieses besonderen Hörbuchs.

Wie kamen Sie auf die Idee für »Krone des Himmels«

Juliane Stadler: Die Zeit der Kreuzzüge hat mich schon immer fasziniert. Vor allem der dritte Kreuzzug mit seinen schillernden Gestalten wie Richard Löwenherz oder Barbarossa. Und dieses ganze Phänomen, also diese wahnsinnige Wanderbewegung, die den ganzen Kontinent und Tausende von Menschen erfasst, die über Land dann bis in den Orient pilgern, die sich diesen Gefahren aussetzen. Und ich wollte einfach auch wissen was waren das für Menschen, warum haben sie das gemacht? Was hat sie getrieben? Und das war im Grunde der Ausgangspunkt für diese Geschichte.

Wie gestaltete sich die Recherche für das (Hör)buch? Hatten Sie da eine bestimmte Vorgehensweise?

Juliane Stadler: Recherchieren ist für mich in erster Linie erst mal lesen, lesen, lesen. Und dazu bestelle ich mir dann ganz viele Fachbücher, Quellbücher, studiere die eifrig und mach mir da nebenher ganz viele Notizen. Zu Ereignissen, zu Personen, zu Zeitleisten und Anekdoten. Und daraus entsteht dann nach und nach die Geschichte. Das nächste ist dann das Besuchen von Ausstellungen. Die Sachkultur der Zeit zu betrachten, die Architektur anzuschauen, Gedichte und Musik anzuhören, um ein bisschen ein Gespür für die Menschen der Zeit zu bekommen. Und das i-Tüpfelchen ist dann natürlich die Recherchereise. Also wirklich vor Ort dann einzutauchen in die Zeit und mit allen Sinnen wirklich inhalieren, wie die Menschen damals gelebt haben und wie die Atmosphäre war. Das ist natürlich dann das ganz Besondere am Ende. 

Wie kamen Sie auf das Mittelalter als Schauplatz? Welche Rolle spielt die Thematik der langen Reise von Frankreich nach Jerusalem?

Juliane Stadler: Ich glaube, das Mittelalter hat eine nie endende Faszination auf uns. Das liegt vielleicht daran, dass es einerseits sehr fremd und fern wirkt, aber gleichzeitig sehr nahe auch ist und wir es allgegenwärtig vor unserer Nase haben, sei es in Architektur, die immer noch überall sichtbar ist oder auch in Ereignissen, die bis in unsere Zeit hineinwirken. Und das Motiv der Reise oder überhaupt die Reise ergibt sich natürlich auch aus dem Stoff, aus der Idee der Kreuzzüge. Und es ist natürlich auch ein tolles literarisches Motiv. Die Menschen bewegen sich über große Strecken. Sie erleben unglaublich viele Abenteuer und Gefahren und sie haben Begegnungen, sind in fremden Ländern und das macht ja auch was mit den Personen. Es ist nicht nur Stoff für viele Abenteuergeschichten, sondern es bewirkt auch eine Veränderung der Figuren. Und diese Veränderungen zu beschreiben ist natürlich auch immer sehr dankbar und spannend für eine Autorin..

Haben Sie einen persönlichen Bezug zu den Handlungsorten?

Juliane Stadler: Tatsächlich habe ich die meisten der Handlungsorte schon persönlich besucht. Also entweder tatsächlich gezielt zu Recherchezwecken oder während Urlaubsreisen oder während meiner Arbeit als Archäologin auf Ausgrabungen. Das heißt, ich war wirklich vor Ort und konnte mir da direkt ein Bild machen und auch diese Atmosphäre aufnehmen. Und ganz besonders fasziniert und beeindruckt hat mich Israel, besonders Jerusalem. Das ist einfach ein unglaublich geschichtsträchtiger Ort. Als würden sich da tausende Jahre Geschichte an einem Punkt konzentrieren und es kommen ganz viele Kulturen da zusammen. Es ist also ein unglaublicher Schmelztiegel und das ist so faszinierend, das hat mich bis heute nicht losgelassen.

Wie entwickelten Sie die Figuren? Woher nahmen Sie Ihre Inspiration?

Juliane Stadler: Die Figuren ergeben sich natürlich ein Stück weit auch aus der Grundgeschichte, aus der Idee. Die Frage ist  was für eine Motivation hatten diese Menschen auf diese lange, gefährliche Reise zu gehen? Das ist so der Ausgangspunkt, darauf baut dann natürlich auch die Entwicklung der Figuren auf. Während der Recherche bin ich dann auf Frauen gestoßen, die diese lange Pilgerreise als Männer verkleidet angetreten sind, um sich zu schützen oder auch aus anderen Gründen. Und so war dann naheliegend, die Figur der Aveline zu entwickeln. Und wenn es dann darum geht wie sehen die Figuren aus und wie verhalten sie sich? Da bediene ich mich gern bei Schauspielern oder auch bei Menschen aus meinem Umfeld und schaue mir da ein bisschen ab, was sie so für Ticks und Verhaltensauffälligkeiten vielleicht haben. Und ja, generell ist es wichtig für eine Autorin oder einen Autor, denke ich, ein großes Einfühlungsvermögen mitzubringen, sich so reindenken zu können in andere Menschen und auch eine gute Beobachtungsgabe zu haben und diese ganzen kleinen Besonderheiten zu sehen. Und das kann man dann wunderbar dann auch auf seine fiktiven Figuren übertragen.

Wen, denken Sie, wird das Hörbuch besonders begeistern?

Juliane Stadler: Alle, die gerne mit allen Sinnen in diese vergangene fremde Welt eintauchen wollen, die sich für authentische und liebenswerte, vielschichtige Charaktere interessieren und alle, die die tolle Stimme von Tobias Kluckert lieben, sind da natürlich bestens aufgehoben.

Haben Sie schon weitere Geschichten geplant?

Juliane Stadler: Natürlich wird es auch weitere Geschichten geben. Die nächste führt uns auch wieder ins zwölfte Jahrhundert. Da arbeite ich gerade dran und es wird wieder abenteuerlich. Es geht um die Welt des Hofes, um Turniere, um eine gefährliche Liebe und einen Bruderkrieg. Da ist wieder für alle was geboten, denke ich.

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